Im Titelendspurt in der Stadt der Promis zählen nur die Punkte. Anders als Uroš Palibrk im Nervenkrimi vor zehn Jahren, schaffte es diesmal keiner aus unseren Reihen, berühmt zu werden. Eher einen Namen gemacht hat sich ein gewisser Raul – als ob das noch nötig gewesen wäre.
LaOla.Viola, die violette Welle zum Nachhören:
Mit einem „Sechsertragerl“ ins letzte Sechstel der Saison – ein Vorsprung, mit dem wir nach Gazettenlogik ohnehin schon mit eineinhalb Beinen in der Bundesliga stehen. Modus von Medienöffentlichkeit und Erwartungshaltung im Umfeld sind also klar und machen’s nicht einfacher. Eine Bierruhe, um das alles ins Trockene zu bringen? Schwierig. Nach Aufgabe eins von fünf im verrückten Saisonfinish, unter diesen mitunter vorauseilenden Vorzeichen, können wir einfach nur froh sein, dass unser Tray immer noch voll ist.
Alu-Pech, dann stockte der Atem – Gastgeber bieten Paroli
Kitzbühel hat am Samstag eindrücklich verdeutlicht, dass wir im heißen Saisonfinish jedenfalls nochmal in fünf ganz eigenen Spezialdisziplinen gefordert sein werden. Formal war das ein Spiel des Ersten beim Letzten, was den taktischen Herangehensweisen von Beginn an klar abzulesen war, nicht aber dem tatsächlich Gebotenen.
Die Hausherren überstanden die erste und größte Drangperiode der Austria in den Anfangsminuten, hatten dazu das nötige Glück bei einem Stangenschuss durch Schiedermeier und entwickelten daraufhin selbst einige Gefahrenmomente. Kalman hatte etwas Glück, dass er mit Gelb davonkam als er einen Konter der Gastgeber verdächtig nah an der Notbremse unterband – erstmals tief durchpusten beim anschließenden Freistoß und einer ganzen Serie gefährlicher Ecken der Kitzbüheler, die inzwischen gut ins Spiel gefunden hatten.
Atemlos: Raul bestellt Helene Fischer
Die Austria aber blieb dran und erwies sich, zwischendurch in meisterlicher Manier, als das effizientere Team: Nach Angriff über rechts schaffte es der Kitz-Keeper nicht, bei der Hereingabe ordentlich zuzupacken; so kam der lauernde Savic mit Ballkontrolle im Strafraum zum Handeln. Sein erster Versuch konnte noch abgeblockt werden, er konnte aber noch ein zweites Mal draufknallen und ballerte im Nachsetzen umso erbarmungsloser zur Führung in die gelb-grünen Maschen (34.).
Zehn Minuten später, kurz vor der Pause, ereignete sich die Schlüsselszene in diesem Spiel. Es war der Moment des Raul Baur, Sohn von Ex-Nationalspieler und Wacker-Legende Michael Baur. Weit in der eigenen Spielhälfte ballführend, bemerkte Kitzbühels 21er, dass Manuel Kalman etwas weit vorm Tor stand, woraufhin er sich einfach ein Herz nahm – der junge Mann mit einer Aura bis Aurach, sein Ball in hohem Bogen auf die Reise Richtung Stadtzentrum; viele bemerken sofort, wie gut er den getroffen hatte und mussten einfach zusehen, wie die Kugel sich über alle hinweg optimal senkte und mitten ins Tor hineinfiel. Steiler hätte Raul die Play-Taste für den „Atemlos“-Torjingle nicht bedienen können, der Schlager der Vorwoche pulsierte da schon lustvoller auf unserer Haut.
Dieser Ausgleich in der 44. Minute war nicht nur maßgeblich für den weiteren Spielverlauf, es war im vierten Aufeinandertreffen das erste Pflichtspieltor überhaupt von Kitzbühel gegen Austria Salzburg – und was für eines.
Von links, von rechts? Kein Durchkommen an Kitzbüheler Haarnadel
Dass die größten Höhen an diesem Songcontest-Samstag für Austria nur JJ erreichen würde, zeigte sich bald in der zweiten Halbzeit. Weiß-violett biss sich mehr und mehr die Zähne aus gegen immer dichter gestaffelte Verteidigungsreihen der Gastgeber, deren taktische Aufgaben naturgemäß weniger komplex waren. Wie Kreisläufer im Handball rannten unsere Männer an, fanden aber selten die richtigen Mittel gegen Kitzbüheler, die nun dicht an dicht standen wie die Slalomstangen am Ganslernhang, und die bis zum Ende des zweiten Durchgangs konzentriert blieben.
Sorda fand mit einem Schlenzer noch die beste Gelegenheit vor, Zia versuchte es aus der Distanz; ansonsten aber ging für die Schaider-Elf wenig. Zudem ist zu anzumerken, dass auch Kitzbühel nach rund einer Stunde noch zur einen oder anderen gefährlichen Chance kam, ehe sich die willensstarke Truppe von „Kurssetzer“ Sean Caldwell doch mehr und mehr aufs leidenschaftliche Verteidigen des Remis verlegte.
Keine Märchenwiese, keine Gleitpassage
Die Gelb-Grünen, diesmal in ihren dunklen Auswärtstrikots agierend, brachten Feuereifer auf den Rasen, ließen – bei aller Fairness und sauberem Spiel – auch keine der üblichen Mätzchen aus, was der umsichtige Schiedsrichter in Form einer ausgiebigen Nachspielzeit gut berücksichtigte. Es hätte vermutlich sogar noch länger gehen können, konkrete Torgefahr kam an diesem verkorksten Frühnachmittag keine mehr auf.
Den meisten war das ohnehin vorab klar, nun also die Bestätigung in Kitzbühel-Langau: Es ist noch lang nicht aus!
Dieser schöne Fußballplatz mit herrlichem Panorama und hervorragender Rasengüte ist – trotz unserer allerbesten Erinnerungen von vor zehn Jahren – keine Märchenwiese, wo dir mal eben etwas besiegelt wird. Wenn der Titelaspirant beim Schlusslicht ein Remis holt, wird dieses schwerlich so zu feiern sein wie einst das 1:1 in Karlsruhe; wenngleich auch dieser Punkt noch sehr wertvoll werden kann. Denn nachdem sich das in Kitzbühel zunächst ein paar Stunden lang anfühlte wie das bange Warten im Zielraum nach einem fehlerbehafteten, selektiven Abfahrtslauf, mussten es jene, die noch oben standen, ja erst einmal besser machen …
Tirol verlangt alles ab
Und tatsächlich: Das Fernduell als Ganzes hatte es wieder richtig in sich an diesem Wochenende. Am Raun dürfte schon ein Raunen um sich gegangen sein, hatte 6460 doch die Chance, in der Spätschicht den Abstand gleich wieder zu verkürzen. Doch gut, dass die Imster eine Friseurkette als Sponsor bei sich wissen, denn es musste schon zum Haare raufen sein für sie kurz vor sieben: Die Oberländer kassierten nach ihrer Führung in der 2. Halbzeit postwendend den Dornbirner Ausgleich und verpassten in einer starken Schlussphase den Siegtreffer – 1:1 am Ende auch beim Verfolger, somit bleibt die Austria die erste Adresse für Aufstiegsfragen.
Zurück ins Unterland: Gratulation dem FC Kitzbühel, der sich vor laut Stadiondurchsage 792, später kommuniziert 1.217 Zuschauern als toller Gastgeber, großartiger Veranstalter und sportlich interessanter, anspruchsvoller Gegner erwiesen hat. Uns beschert die Punkteteilung eine neuerliche Pflichtaufgabe gegen einen nunmehr Tabellenletzten; als solcher kommt Röthis nächste Woche nach Maxglan.
Durchgeschüttelt, aber nicht abgeworfen in „Kitz“
Station gemacht in Kitzbühel, ist die Austria im Titelrennen weiter voll auf Kurs. Unterm Strich zu bilanzieren ist eine Vollbeanspruchung körperlicher und mentaler Kräfte, auf die man eingestellt sein musste, und ein Vorsprung von dem auch zu dieser neuen Zwischenzeit hin nichts eingebüßt wurde. Eines hat sich gezeigt bei unserem Streifzug durch die Gamsstadt: Wir sind noch lange nicht am Ziel!
Ehe die Presse vielleicht wieder ihre Metapher des Schneckenrennens hervorkramt, schließen wir das Kitzbühel-Wochenende lieber mit einem letzten Streif-Vergleich und der viel passenderen Weisheit:
Keiner möchte nach diesem spektakulären Titelrennen nur als Zweiter auf dem Stockerl stehen, aber nicht einmal der Sieger kriegt alle Passagen fehlerfrei hin. Diese irre Regionalliga West 2024/25, sie fordert ihren Tribut – wir halten das durch und vergessen eines nicht: kürzlich noch haben wir uns alle nach genau so einem Pulsschlag gesehnt!
Die weiteren Ergebnisse der 26. Runde:
- Imst – Dornbirn 1:1
- Kuchl – Hohenems 1:1
- Saalfelden – Schwaz 1:1
- Lauterach – Kufstein 1:1
- TSV St. Johann – Altach II 1:5
- Wals-Grünau – Röthis 4:0
- Reichenau – Bischofshofen 4:0