Protest gegen 1. Urteil Causa „Union“ eingebracht
7. Januar 2011

Wie angekündigt hat der SV Austria Salzburg gegen das in erster Instanz gefällte Urteil fristgerecht Protest eingelegt. Anbei für alle Interessierten das Protestschreiben im Wortlaut:Betrifft: Ausführung des Protestes
gegen den Beschluss des Tiroler Fußballverbandes/Strafsenat vom 13.12.2010 – ausgefertigt und zugestellt am 21.12.2010 (ohne GZ) – iS Nichtaustragung des Meisterschaftsspiels der RLW zwischen UI und SVAS am 30.10.2010

Im Vollmachtsnamen des SV Austria Salzburg (im Folgenden „SVAS“) wird binnen offener Frist der am 22. 12. 2010 angemeldete Protest wie folgt ausgeführt:

Der angefochtene Beschluss ist nichtig bzw allenfalls aufzuheben, weil er 1. auf einem nichtigen Verfahren beruht, 2. von mangelhaften und aktenwidrigen Tatsachenfeststellungen ausgeht und 3. die Bestimmung des § 105 der Rechtspflegeordnung des ÖFB (im Folgenden „RPflO“) in juristischer Hinsicht denkunmöglich anwendet.

1. Zur Nichtigkeit des gegenständlichen Verfahrens:

Das bisherige Verfahren und der Beschlusss des Strafsenates 1 des Tiroler Fußballverbandes (im Folgenden „TFV“) sind wegen Unzuständigkeit des beschlussfassenden Gremiums nichtig (1.1.). Selbst wenn aber eine Zuständigkeit gegeben sein sollte, ist Nichtigkeit aus anderen verfahrensrechtlichen Gründen gegeben (1.2.).

1.1. Nach § 10 Abs 1 RPflO richtet sich die Zuständigkeit des Strafausschusses eines Verbandes nach der Verbandszugehörigkeit der betreffenden juristischen oder natürlichen Person, im Besonderen also des belangten Vereines.

Sollten (abgesehen von den hier nicht einschlägigen Anwendungsfällen der Abs 2 bzw 3 des § 10 RPflO) „Mitglieder mehrerer Verbände beteiligt sein“, was hier aufgrund der unterschiedlichen Verbandszugehörigkeit des SVAS und der UI zweifellos der Fall ist, ist gem § 10 Abs 4 RPflO „nach § 24 der Satzungen des ÖFB vorzugehen“. Der Verweis auf § 24 der Satzungen des ÖFB ist offenkundig veraltet, und nimmt wahrscheinlich auf eine frühere Fassung dieser Satzungen Bezug. Unter Zugrundelegung der aktuellen Fassung ZVR-Nr 191443963, gültig ab 1. Juni 2010, kann es sich sinnvollerweise nur um § 22 handeln.

Nach dieser Bestimmung benennt der Generaldirektor zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Landesverbänden bzw Landesverbänden und der Bundesliga, zwischen Mitgliedern bzw Spielern verschiedener Landesverbände oder Mitgliedern bzw Spielern der Bundesliga und einem Landesverband und vice versa hinsichtlich der fußballrechtlichen Bestimmungen einen dritten Landesverband. Dieser weist die Streitsache in erster Instanz seinem zuständigen Ausschuss zu. In der gegenständlichen Angelegenheit hätte daher ein solcher Benennungsantrag an den Generaldirektor erfolgen müssen, der naheliegenderweise den Vorarlberger Verband zur Entscheidung bestimmt hätte. Der Tiroler Landesverband ist demnach jedenfalls unzuständig. Nach allgemeinen Regeln, die in Ermangelung statutarischer Sonderbestimmungen gelten müssen, ist Unzuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen. Das bisherige Verfahren ist daher, ebenso wie der in diesem ergangene gegenständliche Beschluss, nichtig.

1.2. Sollte sich die Zuständigkeit des Tiroler Verbandes doch begründen lassen, was hiermit nochmals ausdrücklich in Abrede gestellt wird, ergibt sich die Nichtigkeit des Verfahrens und damit des gegenständliche Beschlusses im Weiteren aus folgenden Gründen:

Es ist in Schrifttum und Rsp anerkannt, dass Statuten von Vereinen und die dort vorgesehenen Verfahren gewissen, sich aus der Verfassung und der einfachen Gesetzeslage herleitenden demokratischen, insbesondere rechtsstaatlichen, Grundprinzipien entsprechen müssen. Diese erscheinen jedoch im vorliegenden Fall in zweierlei Hinsicht verletzt, was zur Nichtigkeit des Verfahrens und des angefochtenen Beschlusses führt.

1.2.1. Zum einen widerspräche es elementaren Grundsätzen einer demokratischen und rechtsstaatlichen Verfahrensordnung, wenn ein Verband in einem Verfahren, dem inhaltlich ein kontradiktorischer Streit zwischen zwei Vereinen (hier um die Strafverifizierung und damit um drei Punkte) zugrunde liegt, von denen einer dem entscheidenden Verband angehört, der andere aber nicht, zur Entscheidung in der Sache berufen wäre. Dass diesfalls die Objektivität und Neutralität des entscheidenden Verbandsgremiums massiv in Frage gestellt wäre, erhellt schon allein daraus, dass der betreffende Landesverband ja auch und gerade die Interessen seiner Mitglieder vertreten und wahrzunehmen hat. So ist der TFV nach § 3 seiner Satzungen (Fassung vom 16. 3. 2007) ausdrücklich zur Unterstützung der Verbandsvereine angehalten.

Dass der gegenständliche Beschluss in Wahrnehmung des statutarischen Auftrags in
der Tat ausschließlich die Interessen der UI zur Durchsetzung bringt, wird schon aus seinem skandalösen und juristisch völlig unhaltbaren Inhalt (dazu im Folgenden unter 2. und 3.) ohne weiteres ersichtlich.

1.2.2. Weiters hat der Strafausschuss des Tiroler Fußballverbandes bei der Durchführung des gegenständlichen Verfahrens massiv gegen allgemein anerkannte rechtsstaatliche Verfahrensregeln, insbesondere gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen. Statt ein kontradiktorisches Verfahren abzuhalten, in dessen Rahmen jede „Partei“ Ausführungen der Gegenseite erwidern und ihr diesbezügliches Vorbringen unter Beweis stellen, weiters an Zeugen Fragen richten und allenfalls auch diesbezüglich neue Beweisanträge stellen kann, wurden Zeugen und „Parteien“ im Stillen vernommen, ohne dass jedenfalls für den SVAS die Möglichkeit bestanden hätte, den betreffenden Aussagen entgegenzutreten. Im Besonderen gilt dies für die Aussagen der Vertreter der UI und des Zeugen Rizzoli.

Beweis: die beim Verfahren vor dem Strafausschuss des TFV anwesenden MMag. Dr. Walter Windischbauer; Gerhard Stöger, beide c/o SV Austria Salzburg, Eichetstr. 29-31, 5020 Salzburg.

2. Zu den mangelhaften Tatsachenfeststellungen und zur Aktenwidrigkeit:

2.1. Die Feststellung (Beschluss S. 4 oben), dass der SVAS den Kartenvorverkauf für die Gästefans abgelehnt hätte, ist unrichtig. Da seitens des Beschwerdeführers davon ausgegangen wird, dass die Aussagen der an der mündlichen Verhandlung vom 1. 12. 2010 beteiligten Personen korrekt protokolliert wurden (sie wurden jedenfalls vom Verhandlungsleiter so, wie im Folgenden unterstellt, diktiert) ist die Feststellung auch grob aktenwidrig. Dr. Walter Windischbauer und Gerhard Stöger haben übereinstimmend ausgeführt, dass die Vertreter des SVAS niemals die Übernahme des Kartenvorverkaufs für die Gästefans abgelehnt haben, sondern dass sie und die Vertreter der UI bei ihrer Vorbesprechung übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen waren, dass der Verkauf vor Ort die besseren Kontrollmöglichkeiten eröffne.

Sollte dem erstinstanzlichen Gremium diese Aussage nicht glaubwürdig erschienen sein, wäre darauf in der Beweiswürdigung einzugehen gewesen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

2.2. Einen weiteren groben Feststellungsmangel stellt es dar, dass im gegenständlichen Bescheid auf sämtliche vorgebrachte und unter Beweis gestellte Unterlassungen seitens der UI in keiner Weise eingegangen wird:

2.2.1. Dies betrifft zum einen die Unterlassungen hinsichtlich der offenkundigen Liga- bzw Veranstaltungsuntauglichkeit der Spielstätte Fenner-Sportplatz. So wird denn auch der Untersagungsbescheid des Stadtmagistrats Innsbruck im Wesentlichen mit der „baulichen Situation“ der Sportstätte begründet, die eine störungsfreie Abwicklung des Spieles nicht zulasse.

Dem Bescheid liegt also die explizite Annahme zugrunde, dass die seitens UI zur Veranstaltungsdurchführung bereitgestellten „Betriebsanlagen“ gerade nicht iSd § 3 Abs 1 lit cTirVeranstaltungsG so beschaffen sind, dass keine Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu erwarten ist. Dies bedeutet aber im Weiteren auch, dass die Spielstätte nicht ligatauglich ist, da gem § 7 Abs 3 lit a der Durchführungsbestimmungen 2010/11 für die Regionalliga West der veranstaltende Verein für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung sowohl auf dem Spielfeld als auch im Zuschauerraum Sorge zu tragen hat. Das ist jedoch – wie immerhin behördlicherseits in Bescheidform festgestellt wurde – aufgrund der baulichen Gegebenheiten am Fenner-Sportplatz nicht möglich. Aufgrund der Verpflichtung in § 7 Abs 3 lit a der Duchführungsbestimmungen 2010/11 für die Regionalliga West wäre aber der gastgebende Verein verpflichtet gewesen, rechtzeitig für die Veranstaltungstauglichkeit der Spielstätte zu sorgen. Dass er dies unterlassen hat, stellt ohne weiteres ein Verschulden dar.

2.2.2. Zum anderen aber hat es UI unterlassen, gegen den Untersagungsbescheid ein Rechtsmittel zu erheben bzw auch nur die mit Schreiben der Magistratsabteilung II vom 19.10.2010 (Zl. II-VA-02160e/2010) eingeräumte Frist zur Erstattung einer Stellungnahme vor Bescheiderlassung wahrzunehmen. Auch dies muss zumindest als fahrlässig angesehen werden, da bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt alles zu unternehmen wäre, die Spielaustragung zu ermöglichen. Dazu wäre zB – wie die Magistratsabteilung II in ihrem Schreiben bereits angedeutet hat – ein taugliches Mittel gewesen, Auflagen vorzuschlagen und auf sich zu nehmen, die eine Austragung ermöglicht hätten. Dass diese uU nur aufwendig zu erfüllen gewesen wären, ist jenem Verein zuzurechnen, der mit einer nicht ligatauglichen Sportstätte an einem Wettbewerb teilnimmt.

2.2.3. Überhaupt kein Bezug genommen wird im Übrigen auf das Beweisvorbringen des
SVAS hinsichtlich der weiteren Unterlassungen der UI, die Durchführung des Spiels zu ermöglichen.

Dabei geht es um mehrere explizite Angebote des SVAS, die eine Durchführung
des Spiels trotz des Bescheids des Stadtmagistrats Innsbruck und ohne Verstoß gegen diesen ermöglicht hätten, nämlich a) auf einer anderen Sportstätte in Innsbruck bzw b) unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf dem Fenner-Sportplatz oder c) im Falle eines Platztausches in Salzburg zu spielen; diese wurden, was der angefochtene Beschluss in keiner Weise würdigt, rundweg ohne jede sachliche Begründung abgelehnt. Die Austragung auf einer anderen Sportstätte in Innsbruck wäre möglich gewesen, da sich der Untersagungsbescheid ausschließlich auf den Fenner-Sportplatz bezog. UI hat sich zu keinem Zeitpunkt um eine Austragung auf einer anderen Spielstätte bemüht bzw diese auch nur angedacht. Dass dies zumindest fahrlässig ist, bedarf keiner weiteren Begründung. Die vom Obmann des SVAS ausdrücklich angebotene Austragung unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde vom Obmann von UI kategorisch abgelehnt. Ebenso wurde ein Platztausch mit der Begründung, es stehe so kurzfristig kein Verkehrsmittel für die Fahrt nach Salzburg zur Verfügung (sic!), verweigert. Diese ignorante Haltung der UI ist nicht nur jedenfalls als grobe Fahrlässigkeit zu werten, sondern lässt sogar auf Vorsatz schließen, also darauf, dass UI das Spiel in Wahrheit gar nicht austragen wollte. In diesem Zusammenhang wurde im Verfahren mehrfach vorgebracht, aber wiederum in keiner Weise gewürdigt, dass der SVAS alles in seiner Macht stehende unternommen hatte, um die Austragung zu ermöglichen.

3. Zur denkunmöglichen Anwendung des § 105 RPflO:

Der angefochtene Beschluss ist auch und insbesondere in seiner rechtlichen Beurteilung
unhaltbar. Gem § 105 RPflO wäre das gegenständliche nicht ausgetragene Spiel nur dann mit 3:0 zugunsten des Gastgebervereins Union Innsbruck (im Folgenden „UI“) strafzuverifizieren gewesen, wenn der Gastverein SVAS – wie im angefochtenen Beschluss in der Tat angenommen – die Nichtaustragung verschuldet hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.

3.1. Es ist davon auszugehen, dass die RPflO des ÖFB juristische Begriffe, die sie nicht selbst näher umschreibt, im Sinne eines allgemein üblichen und in der juristischen „Community“ akzeptierten Verständnisses verwendet. Im österreichischen Recht ist jedenfalls völlig unbestritten, dass Verschulden stets Rechtswidrigkeit – also einen Pflichtenverstoß – voraussetzt.

Verschulden ohne Verstoß gegen eine Pflicht ist sohin undenkbar. Wenn der angefochtene Beschluss das Verschulden des SVAS nun gerade darin begründet sieht, dass sich dieser geweigert hätte, den Kartenvorverkauf für die eigenen Fans zu übernehmen bzw zu organisieren, würde dies bei juristisch korrekter Subsumtion voraussetzen, dass irgendeine Rechtsvorschrift – zB und insbesondere der RPflO oder der Duchführungsbestimmungen für die Regionalliga West – eine solche Verpflichtung eines Gastvereines vorsieht. Dies ist aber gerade nicht der Fall, so dass die Weigerung, den Kartenvorverkauf zu übernehmen, so sie überhaupt als erwiesen anzunehmen sein sollte (dazu unter 2.1.), nicht rechtswidrig ist und daher auch nicht schuldhaft sein kann.

3.2. Dem erstinstanzlichen Gremium dürfte die eben angesprochene Problematik im Ansatz durchaus bewusst gewesen sein, nimmt es doch im angefochtenen Beschluss auf S. 4 unten die Annahme einer „Auflage“ zu Hilfe, aus deren Nichterfüllung seitens des SVAS sich die Rechtswidrigkeit ergeben sollte. Dies ist freilich völlig absurd. Nicht nur gab es eine solche Auflage im angesprochenen Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck nicht, sondern wäre es auch verwaltungsrechtlich gar nicht möglich gewesen, in einem Bescheid, der an die UI gerichtet ist, dem SVAS – also einem Nicht-Bescheidadressaten (!) – Auflagen vorzuschreiben.

3.3. Im Übrigen entbehrt der angefochtene Beschluss auch insofern jeder juristischen Logik, als er völlig übersieht, dass selbst die Übernahme des Kartenvorverkaufs durch den SVAS nicht dazu geführt hätte, dass das gegenständliche Spiel ausgetragen worden wäre. Der Bescheid des Magistrats Innsbruck wäre diesfalls nämlich nicht anders ausgefallen, da sich nichts an den grundsätzlichen Sicherheitsmängeln geändert hätte. Es wird also ein Verschulden an der Nichtaustragung eines Spieles konstruiert, ohne dass der angeblich schuldtragende Verein die Nichtaustragung auch nur verursacht hätte! Im Ergebnis nimmt der angefochtene Beschluss also in der Tat eine „Verschuldenshaftung“ ohne Kausalität und Rechtswidrigkeit an. Dass ein solches Ergebnis juristisch haarsträubend ist, bedarf keiner weiteren Darlegung.

4. Da den SVAS an der Nichtaustragung des gegenständlichen Spiels keinerlei Verschulden trifft, entbehrt daher auch die Verhängung der Geldstrafe jeglicher Rechtsgrundlage.

Es werden daher gestellt umseitige

Rechtsmittelanträge:
1.1. Die Nichtigkeit des gegenständlichen Beschlusses möge hinsichtlich beider Teile des
Spruchs festgestellt werden.

1.2. Hilfsweise möge der angefochtene Beschluss hinsichtlich beider Teile des Spruchs
aufgehoben werden.

2. In der Sache möge das für den 30.10.2010 angesetzte, aber nicht ausgetragene Meisterschaftsspiel der RLW zwischen UI und SVAS mit 0:3 zugunsten des SVAS strafverifiziert werden, da der Gastgeberverein UI iSd § 105 der RPflO die Nichtaustragung – sei es auch nur fahrlässig (§ 41 RpflO) – alleine verschuldet hat.

3. Weiters möge die „Gutschreibung“ der unter einem einbezahlten (Beleg in der Anlage) Protestgebühr iHv € 200,– gem § 38 Abs 5 der Satzungen des TFV (Fassung vom 16. 3. 2007) im Falle des Obsiegens bzw deswegen, weil gem § 38 Abs 3 leg cit eine Protestgebühr nicht fällig wird, wenn durch Entscheidungen offenkundig die Satzungen verletzt wurden, was im gegenständlichen Zusammenhang eindeutig der Fall ist, ausgesprochen werden.

ao. Univ.-Prof. Dr. Helmut Böhm
Mitglied des Vorstandes
Beirat in Rechtsangelegenheiten

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